
Die demografischen Auswirkungen der Covid-19-Krise im Kanton Zürich halten sich vorderhand in Grenzen. Insgesamt wurde weniger geheiratet, aber auch die Scheidungen gingen zurück. Die Übersterblichkeit ist markant.
Die demografischen Auswirkungen der Covid-19-Krise im Kanton Zürich halten sich vorderhand in Grenzen. Insgesamt wurde weniger geheiratet, aber auch die Scheidungen gingen zurück. Die
Übersterblichkeit ist markant.
Die Covid-Pandemie hat im Kanton Zürich nicht nur zu zahlreichen Krankenhausaufenthalten geführt, auch das gesellschaftliche Leben wurde durch die Massnahmen des Bundes und des Kantons zur
Eindämmung des Virus beeinflusst. Diese betrafen fast alle Lebensbereiche. Die unmittelbarste Folge der Pandemie sind die Todesfälle, die auf das Virus zurückgehen. In Zeiten grosser Unsicherheit
werden aber auch lebensprägende Entscheidungen wie eine Heirat, eine Geburt oder ein Umzug tendenziell aufgeschoben – oder man verzichtet gleich ganz darauf.
Markante Übersterblichkeit
Der Einfluss der Pandemie auf die Todesfälle variierte erheblich zwischen den zwei Infektionswellen. Verglichen mit der Bandbreite in den Vorjahren gab es während der ersten Welle von Mitte März
bis Mitte Mai keine markant erhöhte Sterblichkeit. Der strikte Lockdown scheint gewirkt zu haben. Eine markante Übersterblichkeit verzeichnet man nur in der zweiten Infektionswelle, vor allem
ausserhalb der Stadt Zürich.

Die zweite Infektionswelle ab Oktober 2020 war intensiver, mit täglich mehr als tausend positiv getesteten Personen (gegenüber maximal 200 in der ersten Welle). Sie wirkte sich dementsprechend
auch stärker auf die Zürcher Demografie aus: Im November und Dezember 2020 zeigte sich eine Übersterblichkeit von bis zu 69%, die ausschliesslich über 64-jährige Personen betraf. Damit ist der
Kanton Zürich im Vergleich zur Genferseeregion oder zum Tessin noch glimpflich davongekommen. Gemäss dem Bundesamt für Statistik war dort die Übersterblichkeit bereits in der ersten Welle markant
und in der zweiten Welle teilweise grösser als im Kanton Zürich.
Die Übersterblichkeit war in der Stadt Zürich weniger ausgeprägt als im übrigen Kantonsgebiet. Es ist möglich, dass die städtischen Rentnerinnen und Rentner wegen der räumlichen Nähe
existenzieller Dienstleistungen und Einkaufsmöglichkeiten länger selbständig wohnen und einen Übertritt ins Alters- oder Pflegeheim (wo das Ansteckungsrisiko höher ist) aufschieben können.
Räumliche Unterschiede bei der sozioprofessionellen Struktur in dieser Altersgruppe könnten aber ebenfalls eine Rolle spielen. Es gibt keine markanten Unterschiede in der Übersterblichkeit
zwischen den Personen mit einem ausländischen Pass und den Schweizer Bürgern und Bürgerinnen.
Kurzfristig weniger Heiraten und Scheidungen
Nur sehr kurzfristig hat die Covid-19-Pandemie das Heiratsverhalten der Zürcher Bevölkerung beeinflusst. Das Verbot von Familienfesten erklärt wohl, dass die Zahl der Ziviltrauungen während des
ersten Lockdowns um bis zu 40 Prozent abgenommen hat, wiederum verglichen mit den Vorjahren. Der Einbruch war stärker ausgeprägt in der Stadt Zürich als im übrigen Kantonsgebiet sowie unter
Personen mit ausländischem Pass. Die Reisebeschränkungen und Quarantänemassnahmen haben vor allem die Besuche von ausländischen Familienangehörigen kompliziert. Obwohl die Einwohner der Stadt
Zürich im Schnitt jünger sind als die Bevölkerung im übrigen Kantonsgebiet, vermögen die Unterschiede bei der Altersstruktur dieses räumliche Muster nicht ganz zu erklären. Ein markanter Rückgang
der Eheschliessungen ist während der ersten Infektionswelle zu verzeichnen, vor allem in der Stadt Zürich sowie bei den Ausländern.
Obwohl Lockdowns und Homeoffice-Regelungen Spannungen im Haushalt verursachen können, nahm die Zahl der Scheidungen nicht zu. Im Mai war sogar das Gegenteil der Fall: Verglichen mit den Vorjahren
ist die Zahl der Scheidungen um 32 Prozent zurückgegangen. Da strittige Eheauflösungen in der Regel weit mehr als sechs Monate dauern, dürften sich allfällige Covid-Effekte im Scheidungsverhalten
wohl erst 2021 manifestieren.
«Baby Bust» bleibt vorerst aus
Die Einschränkung der Aktivitätsradien und die fehlenden Freizeitmöglichkeiten bedeuten für viele Menschen einen Rückzug in die Privatsphäre: Auch Paare verbrachten während der Covid-Krise mehr
Zeit zusammen, was bestehende Konflikte verschärfen, aber auch die emotionale Bindung verstärken kann – und damit möglicherweise das Sexualverhalten beeinflusst. Dies könnte mit neun Monaten
Verzögerung zu einem Babyboom führen. Die krisenbedingte Unsicherheit sowie die zeitweise Schliessung der Kinderbetreuungsangebote während des ersten Lockdowns könnten sich aber auch gegenteilig
auswirken, so dass eigentlich geplante Geburten aufgeschoben werden. Resultat wäre ein temporärer «Baby Bust». So heisst im Fachjargon das plötzliche Einbrechen der Geburtenziffer.
Die bislang vorliegenden Daten zeigen allerdings weder Anzeichen für das eine noch für das andere: Im Dezember, dem ersten Monat, in dem krisenbedingte Veränderungen des Fertilitätsverhaltens
hätten sichtbar werden können, lag die Zahl der Geburten innerhalb der Bandbreite der Vorjahre. Ob sich der weitere Verlauf der Krise doch noch auf die Geburtenzahl auswirkt, wird sich erst im
laufenden Jahr zeigen.

Fazit
Gemäss den provisorischen Daten der kantonalen Bevölkerungserhebung halten sich die Auswirkungen der Pandemie auf die Demografie des Kantons Zürich vorderhand in Grenzen. Neben der markanten
Übersterblichkeit in der zweiten Welle hat die Covid-19-Krise auch das internationale Wanderungsverhalten beeinflusst. Dies hat sich jedoch kaum auf das Bevölkerungswachstum ausgewirkt. Die
Pandemie ist allerdings noch nicht zu Ende – ein definitives und umfassendes Bild ihrer demografischen Konsequenzen für den Kanton Zürich kann also erst in Zukunft gezeichnet werden. (bt)
Quelle: Mitteilung des Statistischen Amtes Kanton Zürich, 6.4.2021